tag:blogger.com,1999:blog-6016363112692812032024-02-20T15:37:51.023-08:00Dorf- und KneipengeschichtenAnonymoushttp://www.blogger.com/profile/05750902950080174611noreply@blogger.comBlogger1125tag:blogger.com,1999:blog-601636311269281203.post-28573894340914074812013-01-13T12:51:00.003-08:002013-01-13T12:51:27.839-08:00Schulz und Schulz
<div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;"><br /></span></div>
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;">
</span><div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;">Ich trinke Astra, weil das Fassbier
nicht schmeckt. Die große Liebe ist es nicht, aber ich traue mich
nicht Rotwein zu bestellen. Wir sind zwar noch im Wedding, doch dem
Prenzlauer Berg so nahe, dass es "Schwaben jagen" Graffiti
gibt. Niemand in dieser Kneipe wurde in Berlin geboren, aber man muss es ja nicht raushängen lassen. </span></div>
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</span><div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;">Schultheiß gibt es auch. Schultheiß
bestellen hier nur Zugezogene, meistens mit tiefer gelegter Stimme
und einem angestrengt schnorrigem: "Meesta, eenmal Schulle!
Keule!". Nichtmal in Hohenschönhausen oder Spandau reden die
Leute so. Um also nicht Zugezogen-arrogant zu wirken kein Rotwein und
um nicht Zugezogen-anbiedernd zu wirken kein Schultheiß. Naja. Aber
Astra ist okay. Das Nachbarsmädchen unter den Bieren. Man schämt
sich am nächsten Morgen nicht, verabschiedet sich mit Wangenkuss.
Die Kumpels nicken verständnisvoll. Eine Notlösung. Mit dem
Geschmack von gezuckten Achseln. </span></div>
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</span><div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;">David erzählt. Er hat einen
ZSK-Pullover an, eine Glatze, ist engagiert und weiß mehr
über hormonelle Verhütung als die Frauen am Tisch. Vegan ist er auch. Natürlich. Trotzdem nett. </span></div>
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</span><div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;">"Ich wohn mit nem Nazi zusammen.
Ja, 'nem Nazi – nein, nicht in 'ner WG. Im gleichen Haus, Mann. Aber
das ist hier nicht das Problem. Der Typ heißt Daniel Schulz."
Ich gucke ihn fragend an. "Mann, ich heiße auch Schulz. Genauso geschrieben. Nicht wie Schultz und Schulz aus Tim und Struppi. Das
Arschloch kriegt immer meine Post. Und ich manchmal seine." </span></div>
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</span><div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;">"Daniel ist aber nicht gerade ein
guter Name für einen Nazi" wirft Sara ein. Sara studiert
Judaistik und kann sich eine Meinung zu passenden Namen erlauben.
"Einer der mecklenburger NPD-Landtagsheinies heißt Andrejewski"
klugscheiße ich. Wir sind uns einig, </span><span style="font-family: Verdana, sans-serif;">dass wir Nazis nicht mögen.</span></div>
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</span><div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;">"Auf jeden Fall", fährt
David fort, "Auf jeden Fall zieh ich immer möglichst neutrale
Klamotten an, wenn ich meine Post hol. Will die halt auch weiter
kriegen. Und dann darf ich mir sein Geschimpfe über die "Kanacken
und Schwuchteln" von der "</span><b><span style="font-family: Verdana, sans-serif;">Bundes</span></b><span style="font-family: Verdana, sans-serif;">deutschen" Post
anhören. Als ob es noch 'n anderes Deutschland gäbe. Oder 'ne
andere Deutsche Post. Scheiße, Mann. Ich steh dann immer da und
hippel so rum, damit der Fascho denkt, dass ich pinkeln muss. Dann
beeilt er sich mit dem Hetzen. Ich bring dem sogar seine Post! Sonst
sieht der noch meine Wohnung. Und wenn das passiert, veranstaltet der
bestimmt 'ne Postverbrennung mit seinen Kumpels. Aber hey: Die
Urlaubskarten meiner Mutter würden das Schicksal der Bücher von
Erich Kästner teilen. Immerhin."</span></div>
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;">
</span><div style="margin-bottom: 0cm;">
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;">Man muss sich eben arrangieren mit den
Umständen. David arrangiert sich mit Daniel, Daniel mit seinem
Vornamen, Andrejewski mit seinem slawischem Blut und ich mich mit
Astra.</span><span style="font-family: Verdana, sans-serif;">
</span></div>
<span style="font-family: Verdana, sans-serif;"></span><br />Anonymoushttp://www.blogger.com/profile/05750902950080174611noreply@blogger.com0